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Podiumsdiskussion: „Änderung des chinesischen Wachstumsmodells? Zur Diskussion der Parteibeschlüsse vom November 2013“
22. Januar. 2014, Metropole Ruhr

Am 22. Januar 2014 fand in den Räumlichkeiten des Konfuzius-Instituts Metropole Ruhr eine Diskussionsveranstaltung mit dem Thema „Änderung des chinesischen Wachstumsmodells? Zur Diskussion der Parteibeschlüsse vom November 2013“ statt. Hierbei sollten die vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei im November 2013 verabschiedeten Parteibeschlüsse und deren Auswirkungen diskutiert werden. Teilnehmer dieser Veranstaltung waren unter anderem Prof. Dr. Thomas Heberer, Co-Direktor des Konfuzius-Instituts und Prof. Dr. Markus Taube, Co-Direktor des Konfuzius-Instituts und Lehrstuhlinhaber der Ostasienwirtschaft Schwerpunkt China an der Universität Duisburg-Essen. Moderiert wurde die Diskussion von Frau Dr. Anja Senz, der geschäftsführenden Direktorin des Konfuzius-Instituts Metropole Ruhr.


In einer kurzen Einführung stellte Frau Dr. Senz die wichtigsten Beschlüsse kurz vor, so u.a. die Abschaffung der Zwangsarbeitslager zur politischen Umerziehung, die Lockerung der umstrittenen Ein-Kind-Politik, die Freigabe der Preise für öffentliche Güter wie Transport, Telekommunikation, Wasser, Kraftstoffe, Erdgas und Wasser und die Zulassung von Privatbanken. Geplant sei es, die in den Beschlüssen festgelegten Reformen bis 2020 umzusetzen.


Während Prof. Dr. Heberer die Parteibeschlüsse aus der politikwissenschaftlichen Ebene bewertete, analysierte Prof. Dr. Taube diese aus der ökonomischen Perspektive. Zunächst stellte Prof. Dr. Heberer in seiner Bewertung die innenpolitischen und außenpolitischen Herausforderungen der chinesischen Führung hervor. So gäbe es einen „chinesischen Traum“ als Pendant zum amerikanischen Traum. Dieser chinesische Traum sei auf die Bevölkerung kollektiv bezogen; angestrebt sei außerdem der Großmachtstatus Chinas. Hierbei wolle man Beziehungen zu anderen Staaten intensivieren, ohne sich jedoch in Konflikte einzumischen und Konfrontationen zu suchen. Vielmehr sei angestrebt, dass die außenpolitischen Beziehungen auf gegenseitigen Respekt beruhen und für China und seine Partner in eine Win-Win-Konstellation münden. Aufgrund der Abschwächung des chinesischen Wirtschaftswachstums müsse auch das Wirtschaftsmodell überdacht werden. Zentrale Aufgabe sei zudem die Verbesserung des Arbeitsstils der Parteifunktionäre und den teils pompösen Lebensstil der Kader einzugrenzen. Die damit verbundenen Maßnahmen seien jedoch nicht als eine Rückkehr zu den Methoden der Mao-Zeit zu verstehen. Vielmehr seien die Methoden zur Verbesserung der öffentlichen Verwaltung an den Konfuzianismus angelehnt. Aus dieser Perspektive sei auch die Verurteilung des Parteisekretärs von Chongqing, Bo Xilai, zu sehen.


Im Anschluss an Prof. Heberers Ausführungen analysierte Prof. Taube die Parteibeschlüsse des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei aus der wirtschaftswissenschaftlichen Perspektive. Prof. Taube interpretierte die Parteibeschlüsse als ein klares Bekenntnis zur Marktwirtschaft. Um diese weiterhin zu stärken, sei auch eine Schwächung der Lokalregierungen zugunsten der Zentralregierung intendiert. Ferner sollen anstelle direkter staatlicher Intervention stärker makroökonomische Maßnahmen wie die Geld- und Fiskalpolitik zur Steuerung genutzt werden. Außerdem sollen die Eintrittsbarrieren für die Finanzmärkte gelockert werden, um ein vielfältiges und wettbewerbsfähiges Finanzsystem zu bilden. In dieser Hinsicht sei laut Prof. Taube der Finanzdienstleistungssektor für eine Marktwirtschaft sehr wichtig, in China hat dieser bislang jedoch eher auf neue Entwicklungen reagiert statt pro-aktiv zu agieren. Positiv vermerkte Prof. Taube die angestrebte Öffnung des Dienstleistungssektors für ausländische Investoren zur Stärkung des Wettbewerbs. Kritisch sei laut Prof. Taube jedoch, dass es zwischen den Beschlüssen und den eigentlichen Plänen Schwachstellen gebe, den für aktuelle Probleme – wie das schwache Wirtschaftswachstum – würden kurzfristige Lösungen benötigt, die Reformen der Parteibeschlüsse jedoch seien auf einen langfristigen Zeitraum angelegt.

Anschließend entwickelte sich eine rege und konstruktive Diskussion über verschiedene Themen wie Korruption, die chinesische Mittelschicht, die chinesische Wirtschaft und die Exporte. Prof. Heberers Ansicht nach sei China in unserer politischen Wahrnehmung sehr widersprüchlich. Die Korruption z.B. sei nur durch politische und gesellschaftliche Maßnahmen bekämpfbar. Hierbei nehme gerade das Internet eine wichtige Rolle ein. Prof. Taube betonte, der enge Nexus zwischen Lokalpolitik und lokalen Unternehmen müsse aufgelöst werden, um die Korruption wirkungsvoll zu reduzieren, was die Parteibeschlüsse ja auch vorsehen würden. Für die vermeintliche Exportschwäche müsse man hingegen den Binnenkonsum stärken. In der Zusammenfassung wies Frau Dr. Senz darauf hin, dass die Parteibeschlüsse auf einen weiteren schrittweisen Umbau des politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systems Chinas hinweisen und sich damit in den Kontext der bisherigen Reformen einfügen.



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